Bild- sowie direkte und indirekte Textzitate nur unter genauer Quellenangabe!

Sonntag, 30. September 2012

Nach allen Regeln der Kunst


Plakat des spanischen Circo Continental aus den späten 60ern

Der künstlerische Gehalt von Circusplakaten gilt in der Regel als niedrig und Bücher oder Ausstellungen zur Plakatkunst behandeln dieses Metier allenfalls am Rande. Demgegenüber steht die Wirkung, die gelungene Circusplakate auf die Betrachter haben.
Die Bedeutung des Plakats als zentrales Werbemittel war beim Circus schon immer weit größer als in anderen Bereichen. Seine Gestaltung sollte daher weniger nach ästhetischen oder gar künstlerischen Kriterien bewertet werden, als vielmehr im Hinblick auf seine Funktion.
Circusplakate müssen auffallen, gleich als solche erkennbar sein, idealisierte Erwartungen bzw. Vorstellungen, die das Publikum mit der besonderen Unterhaltungsform „Circus“ verbindet, bedienen oder wecken.
Gute Plakatmaler verstehen genau dies – auch wenn sich viele Motive wiederholen und so mancher Entwurf übertrieben reißerisch erscheint. Die Übertreibung ist seit jeher ein gängiges Werbemittel im Schaugewerbe.

Ein gelungenes herkömmliches Plakat von Mauro Colizzi.



Samstag, 29. September 2012

Corty mit und ohne Bindestrich


Souvenirkarte von 1913 nach einem Friedländer-Plakat 

Der renommierte Circus Corty-Althoff war zu Beginn des 20. Jahrhunderts einer der größten und bekanntesten Zeltcircusse. Mit der Inflation begann der Niedergang des lange Zeit in Münster beheimateten Unternehmens, das 1927 aufgelöst wurde.*
Der einer anderen Linie der Althoffs entstammende Carl Althoff mag die fortwährende Popularität des Namens in Erwägung gezogen haben, als er seinem 1938 geborenen Sohn Carl den Rufnamen „Corty“ gab.
Als dessen Unternehmen „Gebrüder Althoff“ 1978 in „Corty Althoff“ umbenannt wurde, war der einstmals so berühmte Circus Corty-Althoff allerdings schon lange vergessen.
Corty Althoff leitete ebenso wie sein Bruder Giovanni zunächst einen der führenden deutschen Circusse in der Nachfolge des väterlichen Riesenunternehmens. Die Brüder konnten diesen Standard allerdings nur wenige Jahre halten, ihre Unternehmen schrumpften zusehends und sind mittlerweile Geschichte.
Das fast puristische und dabei doch sehr wirkungsvolle Plakat von Corty Althoff bleibt jedoch ein Klassiker:




Die Brüder Giovanni und Corty Althoff betrieben 1974 das Zweitge-
schäft ihres Vaters Carl unter der Bezeichnung "Gebrüder Althoff“. 
1975 stieg Giovanni aus, um das väterliche Unternehmen zu führen. 

* siehe Post "Heimvorteil"

Mittwoch, 26. September 2012

Preiswert



In den 1970er und in den 80er Jahren ließen bedeutende europäische Circusse wie Togni, Barum, Krone, Williams-Althoff oder Bouglione ihre Plakate und Programmhefte von dem italienischen Illustrator Bruno Napoli gestalten. Der klare Duktus seiner wirkungsvollen Arbeiten bestimmte einige Jahre geradezu das Erscheinungsbild der Druckwerbung vieler Unternehmen. Neben dem großen kunsthandwerklichen Können der italienischen Plakatmaler gab es weitere Gründe für die zahlreichen Aufträge aus der Circuswelt:
Das Plakat muss wiedergeben, was man sich so  allgemein unter Circus vorstellt.  Artisten, Tiere, Clowns usw. Am besten ist alles durcheinander. Alles in einem Bild. Für ein solches  Bild habe ich mal einen Grafiker gesucht, aber in Deutschland keinen gefunden. Dann bin ich  nach Italien gefahren. Dort habe ich einen geeigneten Grafiker getroffen. In Deutschland hätte  ich für einen Entwurf 20000 DM zahlen müssen. In Italien fand ich einen, der mir ’s für 800 DM machte.“ ( Franz Althoff: So’n Circus. Freiburg 1982, S.43)

Auf dieses Plakat bezieht sich obiges Zitat.



Dienstag, 25. September 2012

Circus auf Eis


Dem Augenschein nach müsste B. Napoli dieses Plakat entworfen haben.

Ähnlich wie der „Circus unter Wasser“ sind Eisrevuen besondere Publikumsmagneten. Im Gefolge erfolgreicher Eisrevuen wie „Holiday On Ice“ gab es daher trotz des enormen technischen und logistischen Aufwands immer wieder Circusunternehmen, die Programme mir Eis-Shows präsentierten.
Eines der größten war das der italienischen Circusdirektorin und Filmschauspielerin Moira Orfei, die in ihrem riesigen Chapiteau neben der Manege über eine gleich große Eisfläche verfügte. Bei anderen Unternehmen befand sich die Eisfläche auf einer Bühne zwischen Artisteneingang und Manege. Seltener wurde die gesamte Show auf einer Eisfläche gezeigt, wobei das Programm notgedrungen einen starken Revue-Charakter aufwies.

Programm des Circus Aeros aus Leipzig 1956 
Die Vorlage der Grafik lieferte eine Illustration des 
amerikanischen Illustrators Breadshaw Crandell.

 Hier ließ sich Colizzi von einem "Holiday on Ice-Plakat" inspirieren.

Entwurf von "Ruddy"

Sonntag, 23. September 2012

Ein italienischer Amerikaner



Mit den Auslandstourneen des Circus „Heros“, später „American Circus“, brachte die Familie Togni seit den 60er Jahren nicht nur das Flair des großen italienischen Circus nach Deutschland und in die Niederlande. Die aufwändig in Szene gesetzte Circusshow wurde nach amerikanischer Art in einem ovalen Riesenzelt in drei Manegen präsentiert.
Obwohl sich immer wieder Unternehmen mit dieser Art Show versuchten, konnte sich der Drei-Manegen-Circus in Europa nie durchsetzen. Das hiesige Publikum zog es vor, sich auf eine Darbietung zu konzentrieren. Der italienische Circus Heros bzw. Americano blieb mit seiner Programmkonzeption ein Exot, dessen Sonderstellung reklameträchtig hervorgehoben wurde.


Casaro

Casaro

Casaro

Samstag, 22. September 2012

Familienbande



Der Wiener Maler Fritz Linzer gestaltete für verschiedene Circusunternehmen Plakate, u.a. war er der Schöpfer des bekannten Markenzeichens des Circus Krone.
Eine Spezialität des vor allem auf Tierbilder spezialisierten Künstlers waren herrliche Steiger, wie er sie für Franz Althoff und seine Schwester Carola Williams malte.
Für den Circus Williams war dies ein überaus passendes Motiv, verfügte er doch über einen erlesenen und preisgekrönten Bestand edler Lipizzanerhengste, die der ganze Stolz dieses Unternehmens waren. 
Carola Williams und Franz Althoff waren Geschwister von Adolf Althoff, der ebenfalls einen renommierten Circus betrieb. Auch Adolf Althoff, der zwischenzeitlich als "Friederike Hagenbeck" firmierte, ließ von Fritz Linzer Plakate bzw. Programmhefte gestalten.




Meister der Bestien




Der italienische Film- und Circusplakatmaler Mauro Colizzi schuf eine unüberschaubare Zahl wirkungsvoller Circusplakate, die von den 1960er Jahren bis zur Jahrtausendwende von vielen west- und südeuropäischen Circussen eingesetzt wurden. 
Colizzi verstand es dabei in seinen mittleren und späten Schaffensphasen insbesondere meisterhaft, Raubtierphysiognomien wiederzugeben:



Lagerplakat für die Druckerei Fiorin



Scott-Althoff




Viele Artisten, die ständig von einem Engagement zum nächsten wechseln, träumen vom eigenen Circus – und viele machen diesen Traum war. Dies war schon immer so und führt bis in unsere Tage immer wieder zu mehr oder weniger erfolgreichen Neugründungen von Circussen.
So wurde der in Schweden sehr populäre Circus Scott 1937 von den Brüdern Bronett gegründet, die zuvor als berühmte Clowns bei den ersten Adressen der Circus- und Varietéwelt im Engagement waren.
1954 tourte Scott in Kooperation mit dem deutschen Circus Franz Althoff durch Schweden. Das Plakatmotiv dieser Zusammenarbeit, das Franz Althoff fortan bis zur Einstellung des Circus 1969 für sämtliches Werbematerial nutzte, stammt, wie sollte es anders sein, ursprünglich von Oscar Knudsen.








Freitag, 21. September 2012

Alle für einen

Die von Mauro Colizzi gemalten Francesco-Clowns halten das von
Fritz Linzer gemalte Markenzeichen des Hauses Krone in ihren Händen.
 


Für Krone arbeiteten Sie alle, „Hofmaler“ H. G. Strick, Fritz Linzer – und natürlich die Italiener Casaro, Colizzi und Napoli, die allesamt gleich mehrere Arbeiten für den deutschen Circus-Dinosaurier in durchweg "züchtiger" Ausfertigung ablieferten: Undenkbar, dass für das „Haus Krone“ junge, leicht bekleidete Damen in sexy Posen werben – und sei es nur in gemalter Form. So etwas widerspräche dem Selbstverständnis dieses altehrwürdigen, sehr in seinen Traditionen verhafteten Circus.  

Casaro

Napoli

Colizzi


Circus unter Wasser

Dieser wunderschöne Entwurf stammt von Toni Bernat.

Trotz des enormen technischen Aufwands gibt es immer wieder Unternehmen, die einen „Circus unter Wasser“ präsentieren. Der Grund hierfür liegt vor allem darin, dass diese  Produktionen äußerst werbewirksam sind.
Lange Zeit waren solche aufwändigen Shows ausschließlich in festen Circusbauten zu sehen, wo die mit Wasser gefüllte Manege oftmals in spektakuläre Circuspantomimen eingebunden war.
Beim reisenden Zeltcircus lässt eine Wassermanege insbesondere wenig Spielraum für ein abwechslungsreiches artistisches Programm, und auch der Inszenierung des wässrigen Programmteils sind logistische, personelle und technische Grenzen gesetzt.
In der Regel wird daher vor der Pause ein normales Circusprogramm gezeigt, in dem sich aus nahe liegenden Gründen die Tiernummern drängen. Während der Pause wird die Manege ausgekleidet, so dass sie in der zweiten Hälfte die Wassermassen aufnehmen kann, die aus einer Öffnung über dem Artisteneingang herabstürzen. Akrobatik findet zumeist auf einer kleinen Plattform in der Manegenmitte statt, eine Seelöwennummer ist oftmals die einzige Dressurdarbietung. Demgegenüber nehmen die Ausstattung sowie Farb- und Wasserspiele einen breiten Raum ein.

Knudsen

Aufgrund des Erfolgs seiner Wassershow zählte der Circus
Fliegenpilz zeitweise zu den größten deutschen Circussen.

Der Circus Busch-Nürnberg – nicht zu verwechseln mit Circus Busch-Berlin – veranstaltete 
zu Beginn der 1930er Jahre als einer der ersten Wasserproduktionen in einem Circuszelt.


Donnerstag, 20. September 2012

Ein Kamel namens Amanda


Den obigen Programmheft-Titel der ersten Tournee des Circus Roncalli von 1976 schmückt ein Plakat von Jörg Huber, das längst schon zum Klassiker geworden ist. Der Entwurf wurde in dieser Form nur im ersten Jahr eingesetzt: Nach dem Zerwürfnis zwischen Bernhard Paul und André Heller ersetzte das Portrait einer Kameldame namens "Amanda" Hellers Konterfei. Die Form des berühmten Roncalli-Signets ist übrigens kein Entwurf Bernhard Pauls, sondern eine exakte Kopie des Signets, das der amerikanische Circus Ringling zu Beginn des 20. Jahrhunderts verwendete.
In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre setzte Roncalli auch das nachfolgende Plakat von Renato Casaro ein, das nicht nur eine Hommage an Attraktionen vergangener Roncalli-Programme, sondern ebenso an Hubers legendären Entwurf darstellt.



Reklamefahrzeug des Circus Roncalli mit einem weiteren Plakat von Jörg Huber

Samstag, 15. September 2012

ItaloCircus



Franco Picchioni malte neben Circusplakaten und Comictiteln vor allem höchst expressive Filmposter, darunter viele, die für Italo-Western und Filme der B-Kategorie warben. Picchioni verstand sich dabei besonders auf das Malen ausdrucksvoller Physiognomien.
In seinen Arbeiten für Circusse spiegelt sich dies u.a. in Dompteuren wider, die sehr an Helden aus Sandalenfilmen erinnern – und vor allem in seinen Clownsgesichtern. Im Gegensatz zu den Clowns anderer Maler der „italienischen Schule“ haben seine Spaßmacher, die durchaus an einschlägige Typen aus Western-Filmen erinnern, richtige Charakterköpfe.  



Der Tiger unten links erscheint auf unzähligen Circusplakaten. 
Das Original malte Charles Livingston Bull 1914 für "Ringling Bros."  



Freitag, 14. September 2012

Reklamenummern


Sensationsartistik als Reklamernummer 1960 bei Amar (Entwurf: "Ruddy")

Leider setzen immer mehr Circusse standardisierte Plakatmotive ein, die mit Ausnahme des Schriftzugs keinerlei Bezug zum Unternehmen, geschweige denn zu den gebotenen Attraktionen nehmen. In früheren Zeiten wurde sehr viel häufiger mit „Reklamenummern“ geworben. "Reklamenummern" können Darbietungen mit seltenen exotischen Tieren, Nummern aus dem Bereich der Sensationsartistik oder Star-Artisten sein: Jeder Circus, der zum Beispiel den weltberühmten Clown Oleg Popov engagierte, richtete seine Werbung ganz auf ihn aus.

Der tierische Star des Circus Krone, der weiße Löwe „King Tonga“, 
wird in der Werbung des Circus Krone  groß herausgestellt, 
u.a. mit einem eigens von Renato Casaro entworfenem Plakat.

Der „Original Circus Renz“, heute „Universal Circus Renz,“ 
brachte gleich zu Beginn seines Bestehens in der zweiten
 Hälfte der 1980er Jahre mit der kombinierten Elefanten- und 
Schleuderbrettdarbietung der Familie Richter eine Weltklasse-
nummer, auf die dieses allerdings nicht für diesen Circus 
entworfene italienische Plakat hinweist.

Donnerstag, 13. September 2012

Der Circus kommt!



In früheren Jahren entging keinem Bewohner einer Stadt oder ihres Umlands ein bevorstehendes Circus-Gastspiel. Es gab kaum eine freie Fläche, die von der Reklamekolonne nicht mit grellbunten genretypischen Plakaten im wahrsten Wortsinne zugekleistert wurde. 
Heutzutage sind die Möglichkeiten zur Plakatierung vielerorts leider stark reglementiert und die Gebühren hoch. Hinzu kommt, dass die Plakate einiger Unternehmen nicht mehr die typischen Gestaltungsmerkmale aufweisen, sich somit von der Flut der anderen Veranstaltungsplakate kaum abheben und somit weit weniger wahrgenommen werden.


Litfaßsäulen wurden seit ihrem Aufkommen für die
 Circuswerbung genutzt,