Bild- sowie direkte und indirekte Textzitate nur unter genauer Quellenangabe!

Dienstag, 9. Oktober 2012

Nationale Stilrichtungen


"Ruddy"

Bis in die 1960er Jahre hinein zeigten viele europäische Circusplakate und Programmtitel einen eigenen nationalen Stil.
Die wunderbaren Arbeiten französischer Graphiker wie „Ruddy“ oder Toni Bernat nehmen oftmals engen Bezug auf Programme bzw. Artisten oder zeigen die französischen Großcircusse jener Jahre Amar, Bouglione oder Pinder in Außenansichten, wobei Ausmaße und Modernität der Unternehmen stets besonders hervorgehoben werden.
Die deutschen Entwürfe von Fritz Linzer oder H.G. Strick fallen nicht weniger ansprechend, aber deutlich strenger aus.
Sehr verspielt und fast „naiv“ wirken hingegen die unverwechselbaren Bilder Oscar Knudsens, der in Skandinavien während der 50er und 60er Jahre fast ein Monopol auf die Ausfertigung von Circusgraphik hatte.
Seit den 1970er Jahren setzten die großen Circusse Europas vornehmlich Entwürfe italienischer Plakatmaler ein.
Mittlerweile werden Circusplakate in der Regel am Computer entworfen, der Charme des klassischen Circusplakats ist weitgehend Geschichte.

H.G. Strick

Der dänische Circus Benneweis ließ zahlreiche Plakate
und Programmhefte von Oscar Knudsen gestalten,

... ein "typisch italienisches" Circusplakat von Mauro Colizzi

Sex sells


Franco Picchioni

Die Erotik spielte wie die Exotik im Schaugeschäft schon immer eine gewisse Rolle. Die Artistinnen und Artisten konnten sich in der Regel bei ihrer Kunstausübung nicht an die strengen Kleiderordnungen früherer Jahrhunderte halten. Die Möglichkeit uneingeschränkter Bewegungsfreiheit war aber nur ein Grund für die oftmals spärliche Bekleidung. Die Schaulust betraf immer auch den menschlichen Körper, und die möglichst freizügige Präsentation desselben war immer auch ein Mittel der Werbung - ob auf Plakaten oder bei der Parade vor einer Schaubude.
Auf vielen italienischen Circusplakaten der 1970er Jahre lebte diese Tradition sehr augenfällig fort. Heute würden einige dieser Motive zurecht als "sexistisch" kritisiert werden.

Dieses und auch das folgende Plakat sind typische Beispiele
für den Umstand, dass viele Plakatmaler immer wieder  Motive
der Kollegen übernehmen und diese collagenartig zu neuen
Plakaten arrangieren. 






Donnerstag, 4. Oktober 2012

Wiederverwertung


"Alles meins!"

1992 zierte das abgebildete alte Friedländer-Plakat des Vorkriegs-Sarrasani das Programm des gleichnamigen Unternehmens der Familie Mey.
Auch wenn es sich hier um eine Reminiszenz an den großen Vorgänger handelte, verwundert es, dass nicht häufiger Plakate aus der Vorkriegszeit Verwendung für Werbematerial heutiger Circusse finden. Insbesondere viele Lithographien der Druckerei Friedländer erfüllen alles, was ein gutes Circusplakat ausmacht und vermitteln noch dazu ein publikumswirksames nostalgisches Flair. Einige der wenigen Ausnahmen bilden das Plakat des um die Jahrtausendwende für wenige Jahre reisenden Circus Charivari sowie das schöne Motiv, das der Circus Carl Busch von Alfred Scholl einige Zeit benutzte. Der Clown plakatierte einst für den Circus Wulff.

Der Circus Charivari nutzte ein Lagerplakat von Friedländer.

Dieser Clown plakatierte Anfang des 20. Jahrhunderts für 
den Circus Wulff, Ende des Jahrhunderts für "Carl Busch".

Programmcover von 1994 mit einem ursprünglich von Jean de
 Paleologue für den Pariser Cirque Molier gestalteten Plakat.