Bild- sowie direkte und indirekte Textzitate nur unter genauer Quellenangabe!

Montag, 25. November 2013

Übernahme


Das Programm aus den späten 30er Jahren zeigt in typisch über-
steigerten Dimensionen den einstigen Circus Strassburger

Der Circus „Gebrüder Strassburger“ zählte zu den bedeutendsten Circusunternehmen der Weimarer Republik. 1935 verkaufte die Direktion infolge ständiger Angriffe, Boykottaufrufe und staatlicher Restriktionen gegen den „Judencircus“ das Geschäft an die befreundete Circusdirektorin Paula Busch. Die Geschäftsführung übernahm Emil Wacker, der diese Funktion schon bei Strassburger innehatte, wobei dort allerdings die Direktion weitaus mehr im Geschäft involviert war. Paula Busch engagierte sich im Zeltgeschäft nur wenig, die Familie wurde dort durch ihre Tochter Micaela repräsentiert, die zwischenzeitlich mit Wacker verheiratet war.
Die Strassburgers gründeten u.a. mit Material des in Konkurs gegangenen Circus Gleich einen neuen Circus Strassburger, der vor allem in den Niederlanden reiste und u.a. die Tradition erstklassiger Pferdedarbietungen fortführte.

Niederländisches Programm des Circus Strassburger mit neuer Fassade von 1939

Die alte Fassade vor dem ehemaligen Strassburger-Chapiteau auf einem sehr an-
sprechend gestalteten Programmcover des Circus Busch-Berlin aus den frühen 40ern 
- eine der besten Arbeiten von P.F. Tillmanns

Sonntag, 24. November 2013

Exoten


Picchioni

Wenngleich wissenschaftliche Untersuchungen* immer wieder bestätigten, dass das „Circusleben“ auch für viele „Wildtiere“, die im Übrigen nicht aus der Wildnis stammen, in entsprechend gut geführten Unternehmen durch intensive Hinwendung und Pflege, das fordernde Training und die Abwechslungen der Standortwechsel für das physische und psychische Wohlbefinden alles andere als abträglich ist, verbreiten Tierrechtsgruppen mit enormem Aufwand und Einflussnahmen auf Presse und Politik ihre gegenteilige Polemik – Ideologien brauchen Feindbilder. Leider nutzen nur selten Entscheidungsträger die Möglichkeit, sich vor Ort davon zu überzeugen, dass Circustiere i.d.R. das genaue Gegenteil von gequälten, gebrochenen oder gestressten Kreaturen sind.
Darüber hinaus stieg in den letzten Jahrzehnten der Aufwand bei der Unterbringung der für den Circus geeigneten Arten beträchtlich, wobei mit dem gestiegenen Platzbedarf die Anzahl der mitgeführten Tiere deutlich zurückging und einige Arten ganz verschwinden bzw. verschwunden sind. Im Circus gelten dabei alle Tiere außer Pferden, Haus- und Raubtieren als „Exoten“.
Vor nicht allzu langer Zeit waren gerade exotische Tiere noch ein wichtiger Reklamefaktor, der nicht zuletzt bei der Plakatwerbung eine große Rolle spielte - mitunter ist das auch heute noch der Fall.


1980

Colizzi verstand sich nicht nur auf Raubkatzen.

Reklamemarke 1914



Donnerstag, 21. November 2013

Freiheit und Abenteuer


Der bekannte Plakatentwerfer Carl Moos gestaltete mehrere anspre-
chende Plakate für Sarrasani, die zum Teil auch als Bildpostkarten 
Verbreitung fanden. Hier diente ein Friedländer-Plakat als Vorlage.

Hans Stosch Senior wusste idealisierte Bilder und Sehnsüchte in den Köpfen breiter Schichten zu bedienen und werbewirksam zu nutzen. Das „Morgenland“ und Indien waren Sehnsuchtsorte, in die diese Bilder projiziert wurden. Vor Sarrasanis Chapiteau stand eine gewaltige „maurische“ Fassade und er präsentierte seine Elefanten im schneeweißen Kostüm eines indischen Maharadschas.
Eine mit nicht minder „romantischen“ Vorstellungen von Freiheit und Abenteuer verbundene Welt war die des „Wilden Westens“.
Auch Hans Stosch hatte ein Faible für den „Wilden Westen“, genauer für das Bild, das infolge der Popularität Buffalo Bills oder der Bücher Karl Mays in unseren Breiten vom Westen vorherrschte. Western-Nummern bzw. Schaubilder und vor allem auch die echten Indianer waren ein Markenzeichen Sarrasanis. Gerne setzte er sich als Abenteurer oder Trapper in Szene. Diese Selbstinszenierung war Teil einer ausgeklügelten, überaus fortschrittlichen Webestrategie, die in den 20er Jahren auch die sehr erfolgreichen Groschenheftreihe „Sarrasani – Fahrten und Abenteuer“ mit fiktiven Erlebnissen Sarrasanis umfasste.

Die erste Südamerika-Tournee wurde propagandistisch in 
typischer Sarrasani-Manier ausgeschlachtet. Die Titel-
seiten einiger Hefte der Schriftenreihe „Mit Sarrasani in 
Südamerika“ entwarf der populäre Werbegrafiker
 Friedrich Kurt Fiedler.

Auf Plakaten und Programmheften tritt Stosch-Sarrsani als Cowboy
 bzw. Trapper oder häufiger noch als Maharadscha in Erscheinung.


Donnerstag, 14. November 2013

Fünfter Werbe-Blog


Mills 1957

In alten Circusprogrammen finden sich immer wieder Beispiele für ansprechend gestaltete Werbung. Eine Fundgrube sind insbesondere amerikanische Circusprogramme aus den 1930er bis 1950er Jahren sowie Programme des Circus Bertram Mills. Letzterer setzte auch wiederholt auf erstklassige Graphik bei seinen Plakaten und Programmcovern. Bei vielen anderen britischen Unternehmen war und ist das leider nicht der Fall.

Mills 1933

Der australische Gebrauchsgrafiker John Bainbridge ge-
 staltete in den 1950er und 60er Jahren zahlreiche originel-
le Anzeigen und Plakate für Firmen aus Großbritannien. 

Mittwoch, 13. November 2013

Hohe Schule


Friedländer-Plakat von F.L. Sonns auf der Festschrift zum 100jährigen Bestehen des "Circus Busch" 1984

Ein der klassischen Tradition verpflichteter Circus hat in der Regel eine „Hohe Schule“ im Programm, die oftmals von einem Mitglied der Direktionsfamilie geritten wird. Vor allem in heutiger Zeit steht im Circus dabei die Wirkung im Vordergrund, weniger die perfekte Ausführung sauberer Schulschritte. Dessen ungeachtet gibt es bis in unsere Tage erstklassige Darbietungen dieser Disziplin, ausgeführt von zumeist weiblichen Mitgliedern großer Circusdynastien wie Schumann, Smart, Gruss oder Knie.  

Emilien Bouglione, portraitiert von Renato Casaro

Auch hier reitet die Prinzipalin persönlich die Hohe Schule.

Oscar Knudsen 1954

Sonntag, 10. November 2013

Eyecatcher



Der Augustkopf ist ein wenig originelles, aber wirkungsvolles und deshalb überaus weit verbreitetes Motiv auf Circusplakaten. Lange Zeit war das Antlitz von Lou Jacobs allgegenwärtig, daneben zahlreiche Häupter namenloser Auguste, die von zumeist italienischen Plakatmalern mit oftmals grobem Pinselstrich gemalt wurden. Ein Meister darin war Franco Picchioni, aber auch seine Kollegen vermochten Clowns mit Charakter in einfacher und doch expressiver Malweise für Lagerplakate wie die hier abgebildeten zu gestalten, die von vielen Circussen genutzt wurden.
Vor allem kleine Circusse setzen weiter auf den Augustkopf als „Eyecatcher“ auf ihren Plakaten, wobei in den allermeisten Fällen leider ausdruckslose computergenerierte Bilder einfachster Machart genutzt werden, die ebenso austauschbar wie die Programme vieler Unternehmen sind. 

Colizzi