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Donnerstag, 28. Dezember 2017

PopArt


Tadeusz Jodlowski 1971

In diesem Blog wurde schon öfter auf Einflüsse der „Pop Art“ auf die osteuropäischen Plakatkunst der1960er und 70er Jahre hingewiesen, insbesondere auf nicht zuletzt durch ihre Circusplakate bekannt gewordene polnische Plakatkünstler wie beispielsweise Tadeusz Jadlowski, Jan Mlodozeniec oder Hubert Hilscher (siehe u.a. „Polski-Pop“). 
Die „Augenfälligkeit“ der Pop-Art östlicher und westlicher Prägung mit ihrer klaren, einfachen Formensprache und Farbgestaltung dokumentiert eine große Nähe zur Comic- und Plakatkunst, wobei die Überschneidungen zwischen Gebrauchsgrafik und bildender Kunst fließend sind. 

"Neo-Pop Art": Romero Britto 2012

dito: Shunyam Luisa van Steveninck 1996

Dieses Plakat gestaltete Niki de Saint Phalle 1995 für den Circus Knie.
 Circus und Künstlerin konnten es sich leisten, ein Plakat herauszubringen,
das grundlegenden Anforderungen funktionaler Werbegraphik widerspricht. 

Musikal-Clowns


Plakat von Marian Stachurski 1971

Als Fellini 1970 mit "I Clowns" seinen Abgesang auf die vermeintlich dem Untergang geweihte Figur des klassischen Circusclowns mit vielen Reminiszenzen an große Auguste und Clowns der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts drehte, waren durchaus noch herausragende Vertreter ihres Faches in den Manegen zu erleben, so die urkomische Rudi Llata-Truppe aus Spanien.
"Les Rudi Llata" waren wie viele der großen Clowns – ob als Solisten oder im klassischen Entrée auftretend – gleichermaßen herausragende Mimen, Komiker und Musiker, die es verstanden, diese Talente in origineller Weise zu vereinen. In der Regel beherrschten sie gleich mehrere Instrumente, spielten eines wie zuvorderst Tino Zacchini seine Geige meisterlich und verstanden es, auch alltägliche Gegenstände wie beispielsweise Sägen oder Luftballons zum Klingen zu bringen. Die Grenzen zur "reinen" Musikal-Clownerie, bei der die virtuose, effekt-betonte Beherrschung der Instrumente und ihre zuweilen sehr unkonventionelle Behandlung im Vordergrund stand, waren dabei je nach Ausrichtung der Nummer bzw. des Entrées fließend.
Die Tradition klassischer Musikal-Entrées führen derzeit insbesondere die vielseitigen, einer alten französischen Circusfamilie entstammenden "Les Rossyann" fort.

1970

1978 (Casaro)

Plakat von Sandor Benkö

Tiefenwirkung



Die Verbindung grafischer und fotografischer Elemente auf einem Plakat ist seit den 1920er Jahren ein verbreitetes Stilmittel, mit dem verschiedenste Effekte erzielt und künstlerische Intentionen verfolgt werden können.
Besonders originell sind die Arbeiten eines mit „Möll“ signierenden Grafikers, der von den 1970er bis in die 90er Jahre zahlreiche Plakate für den dänischen Circus Benneweis schuf. Nach Beendigung der graphischen Arbeiten vervollständigte er fehlende Bildelemente durch reale Gegenstände und fotografierte das Ganze anschließend. So erhielten viele seiner Plakate eine ganz eigene Wirkung:







Dienstag, 26. Dezember 2017

Live is Life


Plakat von Tomasz Ruminski 1975

Das musikalische Element ist seit jeher fester Bestandteil der artistischen Kunstausübung. Die fahrenden Unterhaltungskünstler des Mittelalters, die Spielleute, waren oftmals Artisten und Musiker in Personalunion und die Produktionen der Gaukler der Neuzeit wurden in der Regel von Familienmitgliedern musikalisch untermalt – eine Tradition, die bis heute in einigen Familiencircussen fortlebt. Eine besondere Bedeutung kam der Musik lange Zeit bei der Reklame zu, ob bei der Straßenparade oder der Parade auf dem Podium vor dem Einlass.
Die Programme der großen Circusse des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wurden von großen Orchestern begleitet, die seit dieser Zeit ihren Platz zumeist über dem Artisteneingang hatten.
Die Musiker stammten mit dem Aufkommen des Zeltcircus' häufig aus Böhmen oder aus Dörfern der Westpfalz, darunter Mackenbach, das den pfälzischen Wandermusikanten ihre Bezeichnung „Mackenbacher“ gab – unter Circusleuten eine Zeit lang ein Synonym für Circusmusiker. Die "Mackenbacher" waren i.d.R. auch für den Auf- und Abbau der Zelte zuständig. 
Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts schrumpften die Orchester-Besetzungen zumeist auf (Big-)Band-Größe und der musikalische Stil änderte sich entsprechend. Der Stimmung tat dies keinen Abbruch – im Gegensatz zum Verzicht auf ein eigenes Orchester, wie es u.a. ausgerechnet der Branchenführer schon seit Jahrzehnten praktiziert. Der Einspielung der Musik aus Tonkonserven käme dabei letztlich einer Video-Projektion der artistischen Darbietungen gleich ...

Einige Melodien wurden zu Klassikern der Circusmusik, 
darunter die kongeniale Filmmusik von Nino Rota für Filme 
Federico Fellinis wie „8 ½“ oder "La Strada".
Weitere Beispiele sind Julius Fuciks Triumphmarsch
 „Einzug der Gladiatoren“, Gustav Peters „Erinnerungen 
an den Circus Renz“, Paul Burkhards Chanson „Oh mein 
Papa“ oder die Titelmusik zur Fernsehserie „Salto Mortale“ 
von Hans Müller. 

Hier coverte Mauro Colizzi vom amerikanischen Album
 „Bozo's Circus Band“ ab. „Bozo der Clown“ war ursprünglich 
eine Kinderbuchfigur und Maskottchen der Plattenfirma
 „Columbia“. In den 1950er Jahren wurde „Bozo“ zu einer der 
populärsten Figuren des amerikanischen Fernsehens und
 zur bekanntesten Clown-Figur in Nord- und Südamerika. 
Bozo diente darüber hinaus „Ronald McDonald“ als Vorbild. 

Der legendäre Bandleader, Arrangeur und Komponist Merle Evens
 leitete die Band von Ringling Brothers Barnum & Bailey 50(!) Jahre lang.
 „The Toscanini of the Big Top“ starb 1987 im Alter von 96 Jahren.
 Das Cover einer seiner Platten lieferte die Vorlage für diesen
 Programmtitel Mauro Colizzis. 

Dienstag, 5. Dezember 2017

Sixties



Einige Circusplakate und Programmcover abseits des Mainstreams, der von den späten 1960er bis in die frühen 1990er Jahre in West- und Südeuropa zumeist von italienischen Plakatmalern geprägt wurde, spiegeln grafische Moden und Entwicklungen ihrer Jahrzehnts.
So entspricht die Zeichen- bzw. Malweise des ansprechenden Stey-Plakats aus den späten 1960er Jahren Plakat- und Buchillustrationen der Zeit, insbesondere einem neuen, über viele Jahre weit verbreiteten Stil von Kinderbuchillustrationen.
Das von Simonne L'hermitte gestaltete beeindruckende Programmcover des Circus Rancy aus dem Jahr 1969 ist auch typografisch auf der Höhe seiner Zeit, ebenso wie das Programmheft einer Produktion des „Moskauer Staatscircus“, organisiert vom Düsseldorfer Veranstalter Helmut Mattner. Die Schrift steht hier im Mittelpunkt, die sexy Girls dienen nur als „schmückendes Beiwerk“.
In Osteuropa entstanden in den 1960er Jahren ambitioniert gemachte Trickfilme, deren ganz eigene Ästhetik sich in vielen Circusplakaten und Programmtiteln widerspiegelt. 





Mittwoch, 29. November 2017

Corporate Identity


Gestaltung und Anordnung der Buchstaben in diesem Schriftzug 
waren ein Markenzeichen des Circus Toni Boltini. 

(Typo-)Grafische Stilmittel stellen einen bedeutenden Teil der „Corporate Identity“ eines Unternehmens dar. Circusdirektionen versuchen immer wieder, auch durch einprägsame, individuelle Schriftzüge ihrem Unternehmen in der Außenwirkung ein eigenes Gesicht mit Wiedererkennungswert zu verleihen – und tatsächlich verbinden zumindest häufige Circusgänger einige Unternehmen mit typografisch gestalteten Schriftzügen, die über Jahrzehnte Wagen, Fassaden und Drucksachen zierten, so z.B. bei Barum, Benneweis, den „Osnabrücker-Althoffs“ oder Busch Roland. Einen typografisch besonders gelungenen, einprägsamen und zeitlosen Schriftzug verwendete zudem der Circus Krone sporadisch bereits seit den späten 20ern, von den 50ern bis in die 80er Jahre konsequent als Bestandteil eines "Corporate Designs".
,
Rene Käsermann verband seine Grafik in origineller Weise mit dem Nock-
Schriftzug und schuf so ein ansprechendes Logo des Schweizer Circus.

Auch das puristische Logo des Circus Flic Flac 
verbindet in gelungener Weise Grafik und Schrift.  

Der ebenfalls einfach gehaltene blau-rote Knie-Schriftzug hat einen besonders hohen 
Wiedererkennungswert. (Detail des Knie-Plakats 2016 von Gregory Gilbert-Lodge)  


Freitag, 27. Oktober 2017

Varieté und Revue - neunter Exkurs


1912

Die Programmtitel der Varietés, Vaudevilles und Mucic-Halls spiegeln mehr noch als Circusprogramme oftmals vorherrschende künstlerische Moden ihrer Zeit. In den Jahren unmittelbar nach der vorletzten Jahrhundertwende war das natürlich zuvorderst der Jugendstil in verschiedenen vornehmlich dekorativen Ausformungen.

1903 - Gebrauchsgrafik war seinerzeit häufig von Mucha beeinflusst

Jugendstil in Grafik und Architektur:
Programm des Vaudeville-Theaters Boston 1909

Floraler Jugendstil in Reinform

Donnerstag, 5. Oktober 2017

Heimvorteil


Der Circus Corty-Althoff ließ in großem Umfang Souvenir-Postkarten drucken -
darunter einige mit Abbildungen seiner Friedländer-Plakate. 

Grab von Adele Althoff, geb. Corty, im Jahr 2010
Krone in München, Williams bzw. Roncalli in Köln, Sarrasani in Dresden, Blumenfeld in Magdeburg, Busch in Berlin, … – häufig erfreuen sich Circusse in „ihrer“ Stadt besonders großer Beliebtheit. Anfang des 20. Jahrhunderts war das mit dem Circus Corty-Althoff nicht anders: Das in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg zu den führenden europäischen Zeltcircussen zählende Unternehmen hatte bis zu seinem Ende im Jahr 1927 über ein Vierteljahrhundert sein Winterquartier in Münster, wo es auch über einige Jahre in den Wintermonaten oder zu Saisonbeginn seine aktuellen Programme in der "Circus-Varieté Festhalle" an der Steinfurter Straße, einem massiven Kuppelbau mit einladendem Eingangs- und Restaurationsvorbau, präsentierte.
Auf dem Münsteraner Zentralfriedhof findet sich noch das leider dem Verfall anheim gegebene Grab von Adele Althoff (1840-1909), einer Enkelin des bedeutenden französischen Circusprinzipals Louis Dejean. Adele Althoff leitete das Unternehmen nach dem Tod ihres Gatten Dominik Althoff (1841-1887) bis zu Übergabe an ihren Sohn Pierre (1869-1924), der den „Monstre-Zelt-Circus“ mit Stammsitz in Münster zu seiner größten Blüte und internationalem Renommee führte. Pierre heiratete Adele Rossi (1867-1930), die einer alten italienischen Artistenfamilie entstammte und im Circus Corty-Althoff neben ihrem Gatten exquisite Pferdefreiheiten präsentierte. 


Diese und weitere Bildpostkarten wurden eigens von Oskar Merté* für Corty-Althoff gemalt.


* siehe Post "Zubrot"

Dienstag, 19. September 2017

"Glück muss man haben



und in einen feinen Circus kommen“
Tatsächlich leitete Margarete Kreiser-Barum nicht einen der ganz großen Circusse der Nachkriegszeit, wohl aber bemühte sich die kunstsinnige, einem luxuriösen Lebensstil verpflichtete Prinzipalin und Tierfreundin über Jahre hinweg um besonders geschmackvoll in Szene gesetzte Programme – insbesondere ihrer eigenen Tiernummern.
In diesen Rahmen passt es, dass der Circus um das Jahr 1960 mit vier eigens gestalteten Plakaten des bekannten Grafikers Kurt Steinel warb, die durch ihre künstlerische Qualität deutlich unter der damaligen Circuswerbung hierzulande hervorstachen.
Kurt Steinel hatte wie so viele bildende Künstler ein großes Faible für den Circus, der immer wieder Thema seiner Arbeiten war.




Farblitographie "Die große Dressur" von 1972

Dienstag, 1. August 2017

Les Francescos



Die Brüder Enrico (1912-1983), Ernesto (1917-1994) und Francesco (1922-2004) Caroli zählten zu den weltbesten Kunstreitern. Nach dem Krieg trat zunehmend ihre bisherige „Zweitnummer“ in den Vordergrund. Die drei Brüder stiegen rasch in die Riege der besten Clowntrios auf und ihre Konterfeis schmückten über Jahrzehnte Plakate und Programmcover der bedeutendsten Circusse Europas.
Francesco war in seiner Rolle als klassischer Weißclown in den 1990er Jahren noch einmal im Circus Roncalli zu bewundern. 


1949 ("Eddie")

Freitag, 14. Juli 2017

Film ab: Bruno Napoli



Der italienische Illustrator Bruno Napoli war vor allem in den 1970er und 80er Jahren für die Filmwirtschaft und für Circusunternehmen gleichermaßen aktiv. Seine ansprechendsten Entwürfe wie die beiden unten dargestellten Filmplakate zeichnen sich nicht zuletzt durch eine souveräne Beherrschung der maltechnischen Mittel aus. 
Wenn Napoli mit solchen Arbeiten auch eindeutig der "Italienischen Plakat-Schule" zuzuordnen ist, so wirken viele seiner Bilder doch vergleichsweise konstruiert und bei aller dargestellten Bewegung auf eigentümliche Weise statisch. Die Expressivität der meisten seiner italienischen Kollegen erreichte Napoli in der Regel nicht. Andererseits prädestinierte ihn der klare Duktus seines Stils als Plakatgestalter zahlreicher Disney-(Trick-)Filmproduktionen. 

1981

1980

Freitag, 16. Juni 2017

Durchblick


Zeitschriftentitel von Umberto Onorato 1927

Der durch die „Gardine“ blickende Clown ist ein bis in die Gegenwart immer wieder auftauchendes Motiv auf Programmen, Plakaten, Zeitschriften und Büchern. Insbesondere Walter Triers Titel-Illustration für eine Ausgabe des Magazins "Uhu" aus dem Jahr 1925, das er in „Fred Colmans“ (Helmut Jaretzki) 1928 erschienenem Buch „Artisten“ nochmals verwendete, wurde unzählige Male kopiert oder diente - wie auf dem 1995er Programm des Stuttgarter Varietés "Friedrichsbau" - als Vorlage für mehr oder weniger enge Interpretationen durch andere Grafiker. 

Triers Illustration auf dem Programmcover des Cirkus Miehe 1953

Programm-Magazin Friedrichsbau 1995

Buchtitel 1926

Mittwoch, 22. März 2017

Backstage


Titelillustration von Norman Rockwell 1931

Der Blick in die vermeintliche Gegenwelt hinter den Kulissen übt seit jeher eine besondere Faszination aus und mag – zumindest beim erwachsenen Publikum – oftmals den eigentlichen Anreiz zum Besuch der Circus-Tierschau gegeben haben.
Ein beliebtes Sujet war die Welt hinter der „Gardine“ zudem immer wieder für Künstler und Illustratoren, die entweder die „Exotik“ oder „Romantik“ im Alltagsleben des „Fahrenden Volkes“ wiederzugeben suchten – oder aber den Gegensatz zwischen der Glitzerwelt vor und der nüchternen Alltagswelt hinter dem Vorhang. Diese aufgrund verschiedener Blickwinkel und Voreingenommenheiten resultierende Widersprüchlichkeit der Betrachtungsweisen mindert den Reiz des Backstage-Blickes nicht – im Gegenteil.

Kalenderillustration von Jo de Mers 1948

Walter Georgi, "Jugend" 1902

Stich nach Meyerheim 1899