Bild- sowie direkte und indirekte Textzitate nur unter genauer Quellenangabe!

Dienstag, 10. April 2018

Kameltreiber


Holzschnitt von Walter Klemm, 1930


Das Erscheinen eines „exotischen Tieres“ war in früheren Zeiten nicht zuletzt im ländlichen Bereich eine vielbestaunte Attraktion, die sich kaum ein Bewohner entgehen ließ. Vor allem die imposanten Trampeltiere, die wie auch andere Kamelarten in ihren Heimatgegenden domestiziert wurden, boten sich wegen ihres auffälligen Aussehens, ihrer Genügsamkeit, Auffassungsgabe und ihrer Angepasstheit an hiesige klimatische Verhältnisse an. Die Kamelführer gehörten zum „Fahrenden Volk“ und wurden in der Bevölkerung oftmals despektierlich „Kameltreiber“ genannt.
Bereits im 16. Jahrhundert wird von der Vorführung eines Dromedars in unseren Breiten berichtet; im Verlauf der frühen Neuzeit nahm die Schaustellung von Kamelen mit Unterbrechungen ständig zu, und im 19. Jahrhundert zählten sie neben Makaken und Bären zu den am häufigsten von reisenden Schaustellern gezeigten „fremden“ Tieren.
Kleine Circusse, die publik als „Arenen“ in Erscheinung traten, führten oftmals Kamele als „exotische“ Farbtupfer mit und über Menagerien und Völkerschauen eroberten Trampeltiere und Dromedare verstärkt auch große Circusse, wo sie bei keinem „orientalischen“ bzw. „indischen“ Schaubild fehlen durften.
Bis heute sind Alt- und Neuweltkamele verbreitete „Exoten“ in großen und kleinen Circussen und kein „Exotentableaux“ kommt ohne sie aus.

Holzstich, Ende 19. Jh.



Samstag, 7. April 2018

Circus Mortale


Petit Journal 1903

Unglücksfälle kommen im Circus weitaus seltener vor, als es die reklameträchtige Hervorhebung der (vermeintlichen) Gefährlichkeit so mancher Darbietung vermuten lässt. (https://schaubuden.blogspot.de/2014/06/im-angesicht-des-todes.html)
Dessen ungeachtet waren und sind Bilder von Unglücken im Circus-Milieu beliebte reißerische, die Dramatik des Geschehens i.d.R. überzeichnende Aufmacher auf den Titelseiten der Boulevard-Blätter, wobei sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Pariser „Le Petit Journal“ und in der Mitte des Jahrhunderts die italienische Zeitschrift „Domenica del Corriere“ hervortaten. 

Petit Journal 1907

La Domenico del Corriere 1957 (Walter Molino)

Eine weitere der vielen Arbeiten des hervorragenden Illustrators
Walter Molino für La Domenica del Corriere

Freitag, 6. April 2018

Einblicke




Es lässt sich heute nur schwerlich nachvollziehen, welchen Eindruck das Auftauchen einer Circustruppe vor 130 Jahren im ländlichen Raum gemacht hat. Mit den „Fahrenden“ brach geradezu die „weite Welt“ in den begrenzten Erfahrungsraum der Landbevölkerung ein und die Künstler wussten trefflich, Phantasien, Sehnsüchte und Klischees werbewirksam zu bedienen.
Der obige Holzstich nach einem Bild von Paul Meyerheim macht schon durch die Kleidung den Gegensatz zwischen dem „Fahrenden Volk“ und den in ihren Konventionen gefangenen, staunenden Dorfbewohnern augenfällig. Der verwegene Reiterakrobat vermittelt Ungebundenheit und – wie auch die aufreizend gekleidete Cirusschönheit zu Pferde – weit mehr als nur einen Hauch Erotik, ebenso der „wilde schwarze Mann“, der zudem mit dem Trampeltier für die Exotik fremder Länder steht und sich wie der Clown völlig abseits aller Normen bewegt. Das Unternehmen spielt bereits in einem Chapiteau, das sich Ende des Jahrhunderts immer mehr durchsetzte.
Holzstiche in illustrierten Zeitschriften waren die wichtigsten informierenden Bildmedien in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und vermitteln uns heute u.a. realistische Einblicke in die Welt fahrender Artisten dieser Zeit – so wie diese Auswahl zum Thema Paraden von Kunstreiter- bzw. Circusgesellschaften. Weitere interessante Motive bildeten u.a. "Backstage-Szenen" oder Publik-Artistik: http://schaubuden.blogspot.de/2016/11/unter-m-sternenhimmel.html

Eine Menagerie und ein Circus buhlen auf einem Jahrmarkt um die Kunst des Publikums. (1887)



Titelabbildung eines amerikanischen Journals von 1873